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Restaurant Schultheissenbad – Herz über Kopf

Ein halbes Jahr blieb Vroni Heiniger, um das Wirtepatent zu erlangen und mit ihrer Chefin Christine Thomann den neuen Betrieb im Restaurant Schultheissenbad in Huttwil aufzubauen. Als Quereinsteigerinnen gehen sie die Sache mit viel Herz und Gespür an, ohne unüberlegt zu handeln. Denn zusammen mit ihrer Chefin und langjährigen Freundin führt sie etwas ganz Besonderes im Schilde. 

Kursabsolventin Vroni Heiniger

„Ich wusste, du bist auf der Suche. Und ich wusste, du hast die Selbstdisziplin, um das durchzuziehen. Dann bist du durchgestartet.“ Es klingt Stolz mit, wenn Christine Thomann, Besitzerin des Restaurants Schultheissenbad in Huttwil, über ihre langjährige Freundin Vroni Heiniger spricht. Die Unterlagen für den Wirtepatent-Kurs waren bereits bestellt, als Vroni Heiniger an die Türe des neu gekauften Betriebs klopfte und nach einer Serviceaushilfsstelle fragte. „Christine bot mir gleich die Betriebsführung an“, erzählt Vroni Heiniger. Mittlerweile ist der Betrieb seit einem halben Jahr geöffnet, die zwei Frauen sitzen am Tisch und lassen setzen, was in den letzten Monaten passiert ist.

Vroni Heiniger, um es mit den Worten Ihrer Chefin zu sagen: Wie kamen Sie auf die Idee, in der Gastronomie „durchzustarten“?

Nach 18 Jahren Muttersein hat mich etwas Neues gereizt. Als mir Christine erzählte, dass sie das Restaurant Schultheissbad gekauft hat, sah ich meine Chance gekommen. Dass ich gleich den Betrieb führen soll, kam überraschend, aber die Idee hat mich von Anfang an gepackt. Dank dem Fernkurs konnte ich mich von zu Hause aus und ohne Zeitdruck auf die neue Herausforderung vorbereiten. Zumindest habe ich mir das so vorgestellt. 

Ab ihrem Entscheid bis zur Eröffnung des Betriebs verging ein knappes halbes Jahr. Das klingt allerdings nach Stress.

Ja, es war eine anstrengende Zeit. Für mich war klar: Wenn ich das mache, dann mache ich es richtig. Aber das Lernen ist mir neben der Betriebseröffnung schwerer gefallen als erwartet. Rechnungswesen, Gesetze, L-GAV – das alles war für mich ganz neu. Gleichzeitig bauten wir den Betrieb auf. Und meine vier Kinder waren ja auch immer noch da. Aber: Am Schluss hat dann doch alles geklappt!

Wie haben sie die Schweizer Gastronomiefernschule in dieser stressigen Phase erlebt?

Die Unterstützung war wirklich super, wenn ich eine Mail schickte und egal worum es ging, ich musste nie lange warten – das fand ich cool. Und die Flexibilität kam mir sehr entgegen.

Warum überhaupt die Eile, Sie hätten sich doch ruhig mehr Zeit nehmen können?

Das Hotel kleiner Prinz ein paar Türen weiter wurde im Sommer geschlossen. Das haben wir als gute Chance gesehen und früher eröffnet, als eigentlich geplant war. Das war auch bezüglich Personal unser Glück: Wir konnten Chef de Service, Koch und Köchin von dort als ganzes Team für uns gewinnen – sie sind Gold wert! 

Ist es als Quereinsteigerin unabdingbar, Personen mit Erfahrung im Team zu haben?

Ja, ich brauche das unbedingt. Solche Personen wissen Sachen, die man auch in der besten Ausbildung nicht lernen kann. Für mich ist es allerdings eine Herausforderung, jemandem mit mehr Erfahrung vorgesetzt zu sein. Wir haben das aber gleich im ersten Gespräch geklärt. Da kam Christines psychologisches Gespür zum Zug. 

Christine Thommen, Inhaberin des Schultheissenbad

Die Inhaberin des neuen Betriebs Christine Thomann gründete vor zehn Jahren ein paar Dörfer weiter ein Kinderheim. Auf der Suche nach einem neuen Objekt, um das Angebot um eine Lösung für Mutter und Kind und um eine Unterkunft für Mütter und Kinder zu erweitern, stiess sie auf das Restaurant Schultheissenbad. Die vorherigen Besitzer waren begeistert von der Idee mit sozialem Touch. Gerade sind Bauzeichner dran, die Wohnungen im Obergeschoss des Restaurants zu gestalten. Dort sollen Mütter mit ihren Kindern künftig eine Starthilfe erhalten und von betreutem Wohnen profitieren. Die Idee ist, dass sie im Betrieb aushelfen. So wie das auch immer wieder Flüchtlinge tun. Ein Herz für Menschen am Rand der Gesellschaft – das schreiben die zwei Frauen im Schultheissenbad gross.

Vroni Heiniger, welche Tipps würden sie Gründerinnen geben?

Schlafe dann, wenn du kannst. Sei spontan, sei flexibel. Man muss schon die Herausforderung lieben und belastbar sein. Und ein gutes Team ist das Wichtigste überhaupt.

Gibt es Vorteile, wenn man quereinsteigt?

Ja, man ist noch unbelastet. Es ist ein harter Job, aber sehr spannend – als Neuling hat man sicher eine andere Arbeitshaltung, will lernen, ist motiviert. Wir haben nun die erste unsichere Phase überstanden, jetzt geht es darum, Stabilität und Kontinuität reinzubringen. Momentan ist das Gästeaufkommen noch sehr schwer einschätzbar.

Macht Ihnen das Kopfzerbrechen?

Den Kopf zerbreche ich mir nicht. Ich handle lieber, als ich denke. Aber wir überlegen uns, an den Öffnungszeiten zu schrauben. Die Präsenzzeit der Mitarbeitenden ist eine Herausforderung. Ich will sie nicht überfordern, ich schätze sie alle sehr, sie machen einen guten Job. 

Gaststube des Restaurant Schultheissenbad

Was stimmt Sie zuversichtlich?

Da gibt es einiges! Eine Familie kam essen, weil ein Passant ihnen unser Restaurant mit den Worten empfohlen hatte, er sei zwar noch nie hier gewesen, man höre aber nur Gutes. Und gerade heute hat sich ein Gast per Brief für die Gastfreundschaft bedankt. Das ist so schön! Ich habe es gleich kopiert und in die Küche gegeben. Zufriedene Gäste sind der schönste Dank für das gesamte Team. Und eine Bestätigung, dass es funktioniert.

Wo sehen Sie sich in 10 Jahren?

Soweit denke ich nicht voraus, wir sind ja wirklich noch ganz am Anfang. Aber ich wünsche mir zufriedene Mitarbeitende, die gerne hier arbeiten. Zufriedene Gäste, die gerne wiederkommen. Auch die, die sonst nirgends sein dürfen.

Hat Ihnen die Geschichte von Vroni Heiniger Lust auf mehr gemacht? Entdecken Sie unsere Wissensartikel mit vielen Informationen zur Eröffnung eines Gastronomiebetriebs oder schauen Sie sich unser Kursangebot an.

Aktualisiert am 22.01.2019